Internetaktivist Raif Badawi kann den Sacharow-Preis nicht persönlich entgegennehmen
Der saudische Menschenrechtler Raif Badawi, der am Mittwoch in Straßburg mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet wird, sitzt seit 2012 in Haft. Badawis Ehefrau Ensaf Haidar wird den Menschenrechtspreis stellvertretend für ihren Mann entgegennehmen. Vor einer Woche ist Badawi in den Hungerstreik getreten, weil er in ein abgelegenes Gefängnis verlegt wurde.
„Ich bin sehr besorgt über Raif Badawis Zustand. Wir hatten gehofft, dass er, wie von Europäischen Parlament gefordert, endlich begnadigt wird“, bedauert der SPD-Europaabgeordnete Arne Lietz. „Leider ist das saudische Königshaus dieser Aufforderung bisher nicht nachgekommen.“
„Saudi-Arabien werden immer wieder schwere Verletzungen der Menschenrechte vorgeworfen. Laut Amnesty International ist die Zahl der Hinrichtungen in diesem Jahr eklatant gestiegen – um mehr als 70 Prozent im Vergleich zu 2014“, berichtet der Menschenrechtspolitiker Arne Lietz. „Mehr als 150 Menschen wurden 2015 vom Staat getötet. Einige der Opfer waren noch minderjährig. Am vergangenen Wochenende wurde Saudi-Arabien in der Welt wahrgenommen, weil sich erstmals Frauen an der Gemeinderatswahl beteiligen durften. Dennoch laufen Menschen in dem Königreich Gefahr, brutal gefoltert und ermordet zu werden, wenn sie sich kritisch gegenüber dem System oder zu Religionsfragen äußern, wenn sie homosexuell sind, mit Drogen handeln oder Ehebruch begehen. Die Liste der Vergehen, die zum Tode führen, ist lang in Saudi-Arabien. Raif Badawi wusste um das Risiko. Und trotzdem wollte er nicht Schweigen. Sein Mut ist beispielhaft für uns alle. Er stellt das Gemeinwohl über sein privates Glück“, sagt Arne Lietz.
Raif Badawi hatte vor seiner Verhaftung die Webseite „Free Saudi Liberals“ betrieben, eine Online-Plattform für Debatten über Politik und Religion. Badawi wurde unter anderem wegen Beleidigung des Islams und „Abfall vom Glauben“ zu zehn Jahren Haft und mehreren Hundert Peitschenhieben verurteilt. Nach den ersten 50 Peitschenhieben wurde die weitere Vollstreckung, auch auf internationalen Druck hin, ausgesetzt.
Badawis Ehefrau Ensaf Haidar lebt, nachdem sie in Saudi-Arabien Morddrohungen erhalten hatte, mit den gemeinsamen Kindern in Kanada und steht nur sporadisch mit ihrem Ehemann in telefonischem Kontakt. „Wir wissen, dass die größte Auszeichnung für Sie die Freiheit Ihres Mannes ist. Ich hoffe sehr, dass wir als Parlamentarier zu seiner Freilassung beitragen können und ihn bald im Europaparlament begrüßen können“, sprach Arne Lietz Ensaf Haidar während einer Aussprache in Straßburg am Montag Mut zu.
„Die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien sind mit Praktiken des so genannten „Islamischen Staates“ vergleichbar. Wir können das nicht ignorieren! Wir müssen weiter internationalen Druck auf Saudi-Arabien ausüben, bis Raif Badawi und alle anderen politischen Aktivisten freigelassen werden“, betonte Arne Lietz. „Die Situation der Menschenrechte in Saudi-Arabien erfordert ein geschlossenes Auftreten der EU. Wir müssen dem Königshaus zeigen, dass wir die Menschenrechtsverletzungen ernst nehmen und verurteilen.“
Der Sacharow-Preis ist eines der wichtigsten Symbole, das den EU-Abgeordneten für die Menschenrechte zur Verfügung steht.
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