Deutschland muss aktiver werden
Der SPD-Europaabgeordnete Arne Lietz war vom 30.12.2017 – 4.1.2018 auf einer politischen Israelreise, die durch die Friedrich-Ebert-Stiftung organisiert wurde.
Er sprach in Tel Aviv und Jerusalem mit den EU-Delegationen zu Israel sowie den palästinensischen Gebieten, dem deutschen Botschafter für Israel, mehreren Politikern der Knesset, Journalisten und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen zu den Themen pluralistische und geeinte Gesellschaft sowie einem Holocaust-Museum.
Das ursprüngliche Hauptthema der Reise „Israelische-Europäische Beziehungen nach der Anerkennung Jerusalems“ durch die USA bekam vor Ort durch die aktuellen politischen Entscheidungen der Knesset, den Jerusalem-Status in Zukunft durch eine zweidrittel an Stelle der einfachen Mehrheit durch die Knesset bestätigen zu müssen und der Entscheidung der Likud-Partei zur faktischen Annexion des Westjordanlands zusätzliche Brisanz.
„Zum Glück ist bisher vor Ort keine neue Intifada nach der US-amerikanischen Entscheidung zu Jerusalem ausgebrochen, zu der die Hamas im Dezember aufgerufen hatte. Dennoch sind über die letzten Wochen Tote und viele Verletzte zu beklagen und es gab sogar beidseitige militärische Aktivitäten, die einer Befriedung der Situation vor Ort abträglich sind. Die neuen innenpolitischen Entscheidungen der rechtsnationalen Parteien in den ersten Tagen des Jahres 2018 sorgen leider mittel- und langfristig für weiteren politischen Sprengstoff und radikalisieren die Jerusalem-Entscheidung der USA zusätzlich.“, schätzt Lietz die aktuelle Lage vor Ort ein. Unter vorherigen US-Präsidenten wären derartige innenpolitische Entscheidungen in der Knesset und der wichtigsten Partei, die Regierungsmitglieder stellt, so nicht passiert.
„Europa muss sich nun geschlossenen und verstärkt für die Einhaltung des internationalen Rechts insbesondere bei den territorialen Gebieten Israels zu den illegalen Siedlungen positionieren. Dabei fordere ich alle europäischen Mitgliedstaaten auf, keine weiteren nationalen Alleingänge zu machen bzw. keine abweichende Stellung zu beziehen, wie es die mehrfachen Enthaltungen bei der Generalversammlung zur Resolution gegen die USA-Entscheidung gezeigt haben.“, fordert Lietz als Konsequenz. Praktisch fordert er zudem, dass die EU-Mitgliedstaaten und insbesondere auch Deutschland sofort und konsequent endlich die von der EU vorgelegte Bezeichnung von Produkten aus den besetzten Gebieten vornimmt. Hier muss Merkel Flagge beziehen und darf sich nicht weiter von den Boykott- und Antisemitismusvorwürfen der Netanjahu-Regierung beeindrucken lassen. Lietz sieht zudem nach der Selbstbeschädigung der USA als Hauptmoderator von Friedensgesprächen, dass Deutschland und Frankreich in dieser Frage einen gemeinsamen diplomatischen Vorschlag machen und die Hauptinitiative ergreifen sollten. Europa sollte zudem die ägyptischen Initiative verstärkt unterstützen, die Vereinbarung zwischen Hamas im Gaza und der Palästinenserbehörde im Westjordanland zum Erfolg zu verhelfen. Eine wichtige Voraussetzung für mögliche Friedensverhandlung.
Entgegengesetzt zu den letzten politischen Entwicklungen traf Arne Lietz auch mehrere Nichtregierungsorganisationen, die wichtige Erfolge und Fortschritte bei der Verbesserung der Beziehungen von arabischen und jüdischen Israelis von der Ebene zwischen Kommunen, Bildungsangeboten für Schüler bis hin zu direkten Bürgerbegegnungen verzeichnen. Darüber hinaus traf er eine NGO, die sich für ein faires und transparentes Steuersystem im Land einsetzt. Dieses Themenfeld als auch die zunehmende Einschränkung der international unterstützten NGOs durch nationale Gesetzgebung sollten verstärkt auf das Radar der EU-Israel Beziehungen genommen werden. Mit einer eingeschränkten Zivilgesellschaft und Einschränkung der freien Kulturlandschaft ist die Demokratie in Israel gefährdet.