Europaparlament debattiert am Dienstag über temporäres Aussetzen der Gespräche mit Ankara
Schlechte Vorzeichen für eine Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei: Die jüngste Entlassung von rund 10.000 Staatsbediensteten, die Schließung von mehr als 300 Vereinen sowie mehreren Zeitungen und einem Radiosender durch die Regierung Erdogan bekräftigt die europäischen Sozialdemokraten in ihrem Vorstoß, über ein Aussetzen der Gespräche zu diskutieren. Das Europaparlament debattiert am Dienstag, 22. November, über eine entsprechende Resolution und stimmt am Donnerstag, 24. November, darüber ab.
„Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stehen auf der Kippe. Ein Staat, in dem Menschenrechte und Meinungsfreiheit nicht mehr zählen, in dem Journalisten und Parlamentarier grundlos eingesperrt und Zivilisten drangsaliert werden, hat keine Chance, in die EU aufgenommen zu werden“, sagt SPD-Politiker Arne Lietz, Mitglied im Ausschuss für Auswärtiges im Europaparlament. „Mit jedem Tag, an dem Präsident Erdogan seinen jetzigen Kurs fortsetzt, wird daher ein temporäres Aussetzen der Verhandlungen wahrscheinlicher.“
Arne Lietz hat sich erst am Montag, 21. November, bei einer Türkeireise mit der Delegation der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) selbst ein Bild von der Situation vor Ort gemacht. Dabei wollten die Abgeordneten den inhaftierten kurdischen Ko-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtas, besuchen, wurden jedoch am Gefängnis im westtürkischen Edirne von bewaffneten Polizeikräften abgewiesen. „In der Türkei herrschen Angst und Verfolgung, das haben wir bei unserem Besuch am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die Regierung Erdogan weitet den Vorwurf des Terrorverdachts völlig willkürlich auf alle Personen und Institutionen aus, die ihr tatsächlich oder vermeintlich im Weg stehen. Das hat mit einer Demokratie nichts mehr zu tun, sondern ähnelt immer stärker einer Diktatur“, so Arne Lietz.
Die Türkei führt mit Unterbrechungen seit 2005 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Für den Fall, dass die Gespräche jetzt eingefroren werden, sollte Europa die Tür nicht völlig zuschlagen, betont Arne Lietz. „Es muss klar sein, dass eine Mitgliedschaft weiterhin möglich ist, wenn die Türkei auf den Pfad der Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte zurückkehrt.“
Weitere Informationen: Büro Lietz +33 3881 77296 und Angelika Pentsi +32 473 930 060 (Pressereferentin)