„Die Türkei bewegt sich weiter in Richtung einer Diktatur“, sagt Arne Lietz, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament. „Die massenweise Verhaftung von Journalisten, Akademikern und führenden demokratisch gewählten Volksvertretern der Kurdenpartei HDP unter dem Deckmantel der Antiterrorgesetzgebung sind der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“ Arne Lietz war am 30. Oktober in Diyarbakir im Südosten der Türkei, wo er unter anderem den HDP Co-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş traf. Demirtaş wurde am 5. November zusammen mit der Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und weiteren Parlamentariern der HDP inhaftiert.
„Erdogan zerstört mit seiner Vorgehensweise jede Grundlage für einen demokratischen Dialog im Land“, so Arne Lietz. „Nicht weniger besorgniserregend sind die jüngsten Stellungnamen der türkischen Regierung zur möglichen Wiedereinführung der Todesstrafe. Europa muss jetzt ein klares Zeichen setzen, dass Demokratie und Menschenrechte unverhandelbare Prinzipien der Europäischen Union sind. Eine Regierung, die diese Prinzipen mit Füßen tritt, kann niemals ein EU-Mitglied werden.“
Die Türkei führt mit Unterbrechungen seit 2005 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Der am Mittwoch veröffentlichte jährliche Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission konstatiert eindeutige Rückschritte bei der Erfüllung der Beitrittskriterien im Bereich Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte. Bereits am Dienstag veröffentlichten die EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Situation in der Türkei als sehr besorgniserregend bezeichnen. Zum Abbruch der Beitrittsverhandlungen soll es jedoch nicht kommen.
„Die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten müssen sich klar gegenüber Ankara äußern“, so Knut Fleckenstein, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament. „Die Europäische Union sollte die Beitrittsverhandlungen einfrieren und der Regierung Erdogan deutlich machen: Die nächsten Verhandlungen finden nur statt, wenn es zu einer Rückbesinnung der Türkei auf Demokratie und Menschenrechte kommt.“
Beim Außenministerrat der EU am Montag, 14. November wird die Lage in der Türkei erneut auf der Tagesordnung stehen.
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